15.10.20259min

KI im Handel meistern: GEO-Strategien für den E-Commerce

KI im Handel meistern: GEO-Strategien für den E-Commerce
KI im Handel meistern: GEO-Strategien für den E-Commerce

Bereits 2,1 Prozent der 18 Milliarden wöchentlichen Suchanfragen weltweit beziehen sich auf Produkte und Shopping – das zeigt eine aktuelle Studie von OpenAI1. Diese enorme Nutzung macht deutlich: Händler müssen sich auf eine bedeutende Transformation einstellen. Getrieben wird diese vor allem von Generativer KI (GenAI) und dem neuen Feld der Generative Engine Optimization (GEO). Dieser Artikel beleuchtet, warum diese Entwicklung so entscheidend ist und wie sie die Suche und den Kauf von Produkten verändern. Wir werfen einen genauen Blick darauf, was das in der Praxis bedeutet.

Angesichts der zunehmenden Marktdynamik fungieren Startups oft als Innovationsmotoren, die sich schnell an neue Entwicklungen anpassen. Aus diesem Grund hält die Otto Group weiterhin an ihren langjährigen Corporate-Venturing-Aktivitäten fest, darunter auch die Ankerinvestition in Project A – den Risikokapitalfonds, aus dem A11 hervorgegangen ist. Dieses leistungsstarke Netzwerk ermöglicht Know-how-Transfer insbesondere zu neuen Themenfeldern wie GEO. Die neue Disziplin rückt die Anpassung der Online-Präsenz und aller digitalen Inhalte einer Marke in den Fokus, um ihre Sichtbarkeit auf GenAI-Plattformen zu verbessern und sicherzustellen, dass Produkte dort genannt oder empfohlen werden.

In diesem Interview erklärt Alexandre Schmitz, Senior Growth Marketing Consultant und GEO Lead bei A11, warum Händler die GEO-Implementierung nicht länger aufschieben sollten. Er erläutert die unmittelbaren Auswirkungen von GenAI auf Kunden-Suchverhalten und Wettbewerbsdynamik und liefert praktische Strategien, damit Handelsunternehmen jetzt reagieren können.

Welche Auswirkungen hat GenAI auf den E-Commerce? Und warum müssen Händler jetzt handeln?

Alexandre Schmitz: Der Aufstieg von GenAI verändert viele Branchen grundlegend, besonders aber den E-Commerce. Die Technologie gestaltet radikal neu, wie Kund*innen Produkte online entdecken und bewerten.

  • Key Impact 1: Verändertes Kunden-Suchverhalten & Kontextueller Handel. Das Kunden-Suchverhalten entwickelt sich rasant. Wir beobachten, dass Kunden viel längere, spezifischere Anfragen nutzen und hochgradig personalisierte Antworten erwarten. Anstatt beispielsweise nach „Laufschuhe Größe 42“ zu suchen, stellen Kund*innen jetzt Fragen wie: „Welcher Laufschuh ist der beste für jemanden mit Plattfüßen, der täglich fünf Kilometer läuft?“ Diese Präzision bedeutet, dass Marken über die Keyword-Optimierung hinaus einen empfehlungsbasierten Ansatz verfolgen müssen. Daten2 deuten darauf hin, dass bereits etwa 60 Prozent der Kund*innen ihre Produktrecherche mit KI-Tools speziell für den Online-Einkauf durchführen.
  • Key Impact 2: Komprimierung des E-Commerce-Funnels & Hyper-Effizienz. Eine weitere wichtige Folge ist die Komprimierung des E-Commerce-Funnels. KI liefert jetzt umfassende Produktvergleiche, fasst Bewertungen zusammen und bietet nach nur einer Interaktion hochspezifische Empfehlungen. Das bedeutet, dass viele traditionelle Touchpoints – wie zum Beispiel lange Google-Suchen – deutlich kürzer werden. Daten3 zeigen, dass Besucher*innen, die von KI-Tools vermittelt werden, ähnlich konvertieren wie solche aus der traditionellen Suche. Sie sind jedoch deutlich engagierter, weisen geringere Absprungraten auf und sehen mehr Seiten an. Das deutet darauf hin, dass der Traffic von KI-Tools qualifizierter ist, da die KI einen Großteil der anfänglichen Informationsphase übernimmt.
  • Key Impact 3: Neu definierte Sichtbarkeit & GEO als das neue SEO für KI. Studien zeigen zudem, dass nur etwa 4,5 Prozent4 der von KI-Übersichten zitierten und empfohlenen Domains mit den Google-Ergebnissen auf Seite eins übereinstimmen – auch wenn diese Zahl aufgrund der Weiterentwicklung der KI-Ranking-Algorithmen stark schwanken kann. Starkes SEO allein garantiert also keine Sichtbarkeit in der KI. KI-Tools analysieren ein viel breiteres Spektrum an Quellen. Das ermöglicht kleineren Marken, effektiver mit größeren zu konkurrieren – vorausgesetzt, ihre Websites sind für KI optimiert und sie haben eine starke, konsistente Online-Präsenz, auch ohne Top-Platzierungen in traditionellen Suchrankings.

Die Richtung ist klar: Konsument*innen wollen kuratierte Empfehlungen, und sie wollen sie heute.

Alexandre Schmitz, Senior Growth Marketing Consultant und GEO Lead bei A11

Was würdest du Unternehmen sagen, die meinen: „Ich bin mir bei diesem GEO-Thema noch nicht sicher; ich warte lieber noch etwas ab, bis klarer wird, wohin die KI-(R)Evolution geht?“
Alexandre Schmitz: Abwarten und Tee trinken ist keine praktikable Option mehr. Seit dem Start der KI-Übersichten erleben Marken, besonders im E-Commerce, bereits erhebliche Rückgänge im organischen Traffic – zwischen 15 und 30 Prozent. Unternehmen, die frühzeitig handeln und ihre Online-Präsenz für GEO optimieren, gewinnen bereits Markt- und Empfehlungsanteile innerhalb von KI-Engines.

Im E-Commerce ändern sich die Gewohnheiten bei der Produktfindung viel schneller als bei der allgemeinen Suche. Konsument*innen neigen weniger dazu, einzelne Produktseiten zu durchsuchen, wenn die KI ihnen kuratierte Empfehlungen liefert. Die Richtung ist klar: Konsument*innen wollen kuratierte Empfehlungen, und sie wollen sie heute.

Auch der Wettbewerb innerhalb von KI-Suchmaschinen ist hart. Im traditionellen SEO mag man auf der ersten Google-Seite mit 10 bis 15 Marken konkurrieren. Bei KI-Empfehlungen konkurriert man oft nur mit drei bis fünf zitierten Quellen – zumindest vorerst. Die Auswahlkriterien sind nicht nur Keywords; es geht darum, online eine autoritative und vertrauenswürdige Marke mit exzellenten Bewertungen aufzubauen. Unternehmen, die vor sechs bis acht Monaten mit der GEO-Optimierung begonnen haben, sehen 30 bis 40 Prozent mehr Zitate in KI-Tools für ihre Produktkategorien. Doch das Zeitfenster für frühe Erfolge schließt sich langsam. Wenn Unternehmen 18 Monate oder länger warten, werden sie in einem viel reiferen KI-Umfeld mit etablierten Marken konkurrieren. Für den E-Commerce bedeutet dies, dass es erheblich schwieriger sein wird, um Marktanteile zu kämpfen, und Unternehmen durch Zögern wahrscheinlich Umsatz verlieren werden.

Was sind deine drei praktischen GEO-Tipps für Händler, mit denen ihre Marke und Produkte prominent auf KI-Plattformen sichtbar werden?
Alexandre Schmitz: Ich habe folgende drei praktische Strategien speziell für den E-Commerce:

  1. Umfassende Kaufratgeber erstellen: Entwickelt umfangreiche Kaufratgeber auf der Website, die die Produkte als Expertenwahl positionieren. Konzentriert euch auf Inhalte wie „Der vollständige Leitfaden zur Auswahl von Laufschuhen nach Fußtyp“ oder „Die besten Küchengeräte für kleine Wohnungen unter 500 Euro“. KI-Tools bevorzugen gut verdauliche Formate wie Vergleichstabellen, Entscheidungsbäume, Listicles und detaillierte Use-Case-Empfehlungen, die die Produkte als Top-Empfehlungen hervorheben.
  2. Auf Kaufabsichtsfragen optimieren: Verlagert den Fokus von der Optimierung für allgemeine Keywords auf die Beantwortung sehr spezifischer Kaufabsichtsfragen. Anstatt beispielsweise auf „Fotokamera“ zu optimieren, beantwortet die Frage „Welche Kamera soll ich für meinen Teenager kaufen, der gerne fotografiert?“ Um diese spezifischen Fragen aufzudecken, eignen sich Kundendienstprotokolle, Social Listening, Produktbewertungen und Support-Tickets. Diese Erkenntnisse sind von unschätzbarem Wert, um hyperspezifische Inhalte rund um die tatsächlichen Probleme und Fragen der Kund*innen zu erstellen.
  3. Systematische Produktautorität im gesamten Einzelhandelsökosystem aufbauen: Das stellt sicher, dass Marke und Produkte auch außerhalb der eigenen Website erwähnt und bewertet werden. Lasst Produkte auf Preisvergleichsseiten, in Expertenbewertungen (von prominenten oder Nischen-Bloggern), Branchen-Kaufratgebern und anderen Einzelhandelspublikationen vorstellen. KI sucht Konsens über mehrere Quellen hinweg als Signal für Vertrauenswürdigkeit. Daher ist eine starke, positive Präsenz im gesamten Einzelhandelsökosystem entscheidend.

Darüber hinaus ist es wichtig zu verstehen, dass man sich auf einige KI-Plattformen zur Optimierung konzentrieren sollte. Untersuchungen zeigen, dass die Überschneidung der zitierten Domains zwischen verschiedenen KI-Tools wie ChatGPT und Perplexity nur 10 bis 11 Prozent5 betragen kann. Das bedeutet, dass die Optimierung für eine Plattform keine Sichtbarkeit auf einer anderen garantiert. Hinzu kommt: Die kürzliche Einführung des Google AI Mode in Deutschland könnte die Landschaft erneut drastisch verändern. Analysiert stattdessen, wo sich die Kund*innen befinden und welche Geräte sie verwenden. Wenn die Zielgruppe beispielsweise hauptsächlich mobil einkauft, könnte die Konzentration auf eine KI-Plattform mit einem höheren mobilen Nutzeranteil wie ChatGPT effektiver sein als eine, die überwiegend auf Desktops verwendet wird, wie Perplexity.

Vielen Dank für deine GEO-Expertise, Alexandre!

Über den Experten

Alexandre Schmitz, Senior Growth Marketing Consultant und GEO Lead bei A11
Alexandre Schmitz, Senior Growth Marketing Consultant und GEO Lead bei A11

Alexandre Schmitz ist Senior Growth Marketing Consultant und Lead für Generative Engine Optimization (GEO) bei A11. In seiner Rolle unterstützt er Kunden dabei, die richtigen Marketinggrundlagen für effizientes Skalieren zu legen. Sein Fokus liegt auf der Wachstumsförderung durch Performance Marketing und organische Content-Strategien.

A11 ist das SWAT-Team hinter einigen der am schnellsten skalierenden Unternehmen Europas, wie Trade Republic und Sennder. Aus dem operativen Arm von Project A hervorgegangen, arbeitet A11 mit Scale-ups und KMU zusammen, um Wachstum und Transformation in Marketing, Daten, Technologie und Talent zu beschleunigen.

Seit 2012 ist die Otto Group Ankerinvestor bei Project A, einem führenden operativen Venture Capital Fonds für europäische Start-ups. Zu unseren weiteren Corporate-Venturing-Aktivitäten gehören Beteiligungen an Headline, Revent VC und Norrsken VC sowie unsere hauseigene Venture-Client-Unit Otto Dock 6.


Wie nutzt die Otto Group GEO aktiv?

Die Otto Group beobachtet die massiven Veränderungen durch GEO nicht nur; als einer der Branchenführer setzen wir uns bereits seit einiger Zeit aktiv damit auseinander. So treiben unsere Expert*innen die GEO -Implementierung innerhalb der Gruppe voran:

Jan Wölk, Senior SEO Manager bei OTTO, über die Nutzung bestehender Expertise und die Entwicklung neuer Metriken:
Wir verfolgen die Entwicklungen im Bereich LLMs und GEO aufmerksam. Dafür nutzen wir unsere langjährige SEO-Expertise als Basis und prüfen, welche Maßnahmen mit GEO im Fokus stehen. Parallel arbeiten wir an der Entwicklung neuer KPIs, um die Performance im GEO-Kontext messbarer zu machen und unsere Strategien entsprechend anzupassen. Unser Ziel ist es, die Chancen, die sich durch LLMs ergeben, optimal zu nutzen und unsere Position im E-Commerce weiter auszubauen.“

Sonja Annegret Köhnke, Head of Product Management bei Otto Group One.O, über strategische Integration und Wissenstransfer innerhalb der Otto Group:„Otto Group One.O integriert das Thema GEO bereits seit geraumer Zeit in die Entwicklung innovativer Lösungen, insbesondere von KI-Assistenten. Dabei werden Schnittstellen und Protokolle berücksichtigt, die als Agent-to-Agent auch von GPAs (Generative Pre-trained Agents) genutzt werden können.

Ergänzend dazu hat die Otto Group Tech Strategy ein GEO-Playbook entwickelt, das den strategischen Rahmen für die gesamte Otto Group vorgibt. One.O nutzt die aufgebaute Expertise vor allem im Knowledge Management, um den konzernweiten Austausch zu fördern und neue Erkenntnisse sowie Entwicklungen schnell über alle Gesellschaften hinweg verfügbar zu machen. Darüber hinaus baut das Unternehmen technische Kompetenz auf, um die Konzerngesellschaften bei Bedarf zu beraten und operativ zu unterstützen. So trägt One.O maßgeblich dazu bei, die Umsetzung von GEO innerhalb der Otto Group voranzutreiben.


Quellen:

  1. Aaron Chatterji, Tom Cunningham, David Deming, Zoe Hitzig, Christopher Ong, Carl Shan & Kavin Wadman von OpenAI, Duke University und Harvard University: „How People Use ChatGPT“, veröffentlicht am 15. September 2025: https://cdn.openai.com/pdf/a253471f-8260-40c6-a2cc-aa93fe9f142e/economic-research-chatgpt-usage-paper.pdf
  2. Umfrage von Bloomreach unter mehr als 1.000 US-Konsumenten zum Einkaufen im Zeitalter der KI, veröffentlicht am 15. März 2025:https://www.bloomreach.com/en/news/2025/bloomreach-announces-findings-from-conversational-ai-shopping-study/
  3. Umfrage von Adobe unter US-Konsumenten, durchgeführt im September 2024 und Februar, veröffentlicht am 23. März 2025:https://business.adobe.com/blog/the-explosive-rise-of-generative-ai-referral-traffic
  4. Fallstudie von Arc Intermedia „Impact of AI Search on User Behavior & CTR in 2025“, veröffentlicht am 6. Okt. 2025:https://www.arcintermedia.com/shoptalk/case-study-impact-of-ai-search-on-user-behavior-ctr-in-2025/
  5. Analyse von Profound, veröffentlicht von Josh Blsykal im Juli 2025 auf LinkedIn: https://www.linkedin.com/posts/joshua-blyskal_i-analyzed-100k-prompts-across-chatgpt-and-activity-7345819232120565760-NVx6?utm_source=share&utm_medium=member_desktop&rcm=ACoAAAvBwAsBSi9z05teP48I_eJNIVssLJ_-kYo


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