Avanciert das Metaverse zum Buzzword der Tech- und Digitalszene – oder hat es tatsächlich das Potenzial, unser Leben und ganze Branchen wie den E-Commerce fundamental zu verändern? Die Otto Group setzt sich intensiv mit dieser Frage auseinander, das Konzernunternehmen About You bringt in Kooperation mit CyberKongZ eine rein virtuelle NFT-Modekollektion nun in die physische Welt und zeigt so, wie ein neues, inspirierendes Einkaufserlebnis möglich wird.
Doch fangen wir von vorne an: Was ist eigentlich dieses Metaverse? Vielerorts ist von einem begehbaren Internet die Rede, der Virtualisierung von Lebensräumen mit flexiblen Verbindungen in die analoge Welt, die vor allem durch Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR) möglich werden. Das Metaverse beschreibt also ein Zukunftsszenario, bei dem die physische mit der virtuellen Welt verschmilzt und digitale Lebensräume in die analoge Welt erweitert werden. Neu ist die Idee dahinter nicht. Erstmals taucht sie im Jahr 1992 im Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ von Neal Stephenson auf. Wenige Jahre später begann das Tech-Unternehmen Linden Lab damit, die im Roman beschriebene virtuelle Welt zu bauen. Das Ergebnis war Second Life, doch wie ein echtes Metaverse fühlte es sich noch nicht an. Das soll sich nun durch neue Entwicklungen der großen internationalen Tech-Unternehmen ändern. Expert*innen schätzen das weltweite Marktpotential im Metaverse bis 2024 auf 800 Milliarden US-Dollar.
Meta Platforms (bis Oktober 2021 Facebook) glaubt so sehr an das Konzept, dass es sich im vergangenen Jahr umbenannt hat. Die Botschaft ist deutlich: Das Unternehmen sieht die Zukunft der digitalen Kommunikation und auch seine eigene Zukunft im eigenem Metaverse, das Horizon Worlds heißt. Dass die Nutzer*innenzahlen bislang unter den Erwartungen bleiben, scheint daran nichts zu ändern. Immerhin: Rund 200.000 Nutzer*innen verzeichnet das Unternehmen seit Frühjahr dieses Jahres.
Echte Metaverses sind diese virtuellen Welten noch nicht, aber sie geben uns einen ersten Vorgeschmack. Das Metaverse wird ein Ort sein, an dem das ganze Leben virtuell zusammenfließt.
Darin liegt gleichzeitig eine große Herausforderung, denn gerade was die Nähe zur Wirklichkeit betrifft, ist der Mensch besonders anspruchsvoll. Menschliche Interaktionen sind beispielsweise sehr vielschichtig. Zwar gehörten heute hybride und virtuelle Zusammenarbeit zum Arbeitsalltag, doch wirklich natürlich fühlen sich Videocalls dennoch nicht an. Im August 2021 hat Facebook „Horizon Workrooms“ in der Beta-Version als Metaverse für die Arbeitswelt gelauncht, das mit der VR-Brille Oculus Quest 2 erlebt werden kann, ein Präsenzgefühl erschaffen und Antworten auf urmenschliche Bedürfnisse geben soll. So sollen spontane Treffen an der Kaffeemaschine, gemeinsames Mittagessen im Park oder Zusammenarbeit virtuell und gleichzeitig realitätsnah möglich werden. Eine neue Partnerschaft mit Microsoft soll zudem Teams, Office und Xbox Cloud-Gaming ins Metaverse bringen.
Wenn das Metaverse die Verlängerung der realen Welt ins Virtuelle ist, lassen sich auch weitere Bedürfnisse dorthin übertragen. Egal ob die Einrichtung des virtuellen Büros oder das Outfit für den eigenen Avatar – der Selbstverwirklichung sind kaum Grenzen gesetzt. Viele Unternehmen haben das Potenzial des Metaverse als neuen Absatzmarkt erkannt und arbeiten an ersten Retail-Konzepten.
Dass die Realität zunehmend mit der Fiktion verschwimmt und Konsument*innen bereits großes Gefallen an virtueller Mode gefunden haben, wird durch die jüngst veröffentlichte Kooperation von About You mit CyberKongz abermals deutlich. CyberKongz ist einer der bekanntesten Namen in der NFT-Szene und begeistert Interessierte mit ihrer virtuellen Mode. Gemeinsam bringen die beiden Unternehmen nun erstmalig eine ursprünglich virtuelle NFT-Kollektion als physische Mode auf den Markt.
Doch bis es so weit ist, gilt es noch einige technische Hürden zu überwinden, damit das Metaverse wirklich zu einem (virtuellen) Lebensraum wird und nicht nur wie ein besseres Computerspiel aussieht. Beispielsweise ist unklar, ob das Metaverse zukünftig ausschließlich mit extra Hardware wie einer VR-Brille genutzt werden kann – das würde aus Nutzungsperspektive eine zusätzliche Hürde darstellen. Eine weitere technische Frage ist, wie die vielen benötigten 3D-Objekte und Avatare im Metaverse in guter Qualität skalierbar erstellt werden – momentan ist dies ein aufwändiger, manueller Prozess. Und auch das Thema Modetransfer, also das Nutzen von virtueller Kleidung auf mehren Plattformen, gilt es zu lösen.
Diese und weitere technologische Aspekte haben sicherlich einen maßgeblichen Einfluss auf die Fragen, ob, wann und in welcher Form sich das Metaverse bzw. die Metaverses durchsetzen werden.